Anarcha-Feminismus: Ein Ansatz, der noch ausgearbeitet werden muss
Sonntag, 06.09.2009, 20:00

Dieser von der Anarchistischen Gruppe [:ag] Freiburg organisierte Vortrag spannt einen Bogen von den Anfängen der anarchistischen und feministischen Bewegung über die Anarcha-Feministinnen der Mujeres Libres, den Syndikalistischen Frauenbund, den Anarcha-Feministinnen der 1970er Jahre bis hin zu den neuesten Erscheinungen der anarchistischen und feministischen Bewegungen. Dabei verknüpfen sie Biographien mit der Bewegungsgeschichte und mit Theorie. So entsteht ein lebendiges Bild einer zu Unrecht von der Geschichtsschreibung an den Rand gedrängten Bewegung, die darüber hinaus sowohl von eingefleischten Feministinnen, als auch von AnarchistInnen all zu oft und ebenso zu Unrecht ignoriert wurde.

Beide ReferentInnen sind Mitglied in der Aktionsgruppe Anarchafeminismus der Libertären Aktion Winterthur. Da sie solche Vorträge auch brauchen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, bitten sie das Publikum um eine Spende.

Die beiden jungen Anarchistinnen nehmen uns mit auf eine Reise durch Zeit, Raum und Theorie. Wenn sie selbst auch lieber fragend voranschreiten, als allzu leichtfertig Antworten zu geben, so gewähren sie uns doch einen tiefgründigen Einblick in eine Bewegung, die mehr als eine Wurzel hat.

Diejenigen, die weder etwas über die anarchistische noch über die feministische Bewegung wissen, werden die Veranstaltung reichhaltig und fundiert informiert verlassen. AktivistInnen beider Bewegungen werden über die jeweils andere Bewegung Neues erfahren und ggf. das eine oder andere Vorurteil verlieren lernen.

Obwohl der Anarchismus die Ablehnung jeder Herrschaft des Menschen über den Menschen und die Ablehnung jeder Ausbeutung des Menschen durch den Menschen-fordert, haben sich Frauen von Beginn der anarchistischen Bewegung bis heute dazu gezwungen gesehen, feministische Standpunkte innerhalb der anarchistischen Bewegung explizit zu vertreten.

Dabei haben sie sich immer, mehr oder weniger stark, von bürgerlichen und kommunistischen Feministinnen distanzieren müssen. Oft wendeten sie viel Energie auf, um ihre Positionen in gemischtgeschlechtlichen Organisationen zu entwickeln und zu vertreten, aber es gibt auch zahlreiche Beispiele für eine autonome Organisierung der Anarchistinnen. Andererseits haben auch immer wieder Frauen in der feministischen Bewegung anarchistische Ideen und Prinzipien übernommen und sich früher oder später von auftauchenden reaktionären Strömungen im Feminismus distanziert.

So treffen sich immer wieder Anarchistinnen und Feministinnen, ohne jedoch bisher eine geschlossene Anarcha-Feministische Theorie abgeliefert zu haben. Dies ist auch nicht im Interesse der Autorinnen der gleichnamigen Broschüre der Arbeitsgruppe Anarchafeminismus der libertären Aktion Winterthur. Vielmehr geht es ihnen darum, mit AnarchistInnen und Feministinnen (und vielleicht sogar auch mit antipatriachalen Männern) in eine Diskussion darüber zu kommen, wie beide Ansätze heute miteinander verknüpft werden können. Dabei geht es neben der Theorie auch um praktische Konsequenzen für eine anarcha-feministische Bewegung.

Beim Anarcha-Feminismus handelt es sich, so jedenfalls die These der Referentinnen, trotz einer langen Geschichte und einer eindrucksvollen Ahnenreihe aktuell noch immer um einen -Ansatz, der noch ausgearbeitet werden muss.... Alle zusammen werden wir uns nach dem Vortrag mit den beiden Referentinnen über Stärken und Schwächen, sowie Potentiale und mögliche Synergieeffekte, die aus einer Verschmelzung von anarchistischer und feministischer Theorie und Praxis entstehen können, unterhalten. Synergieeffekt steht für die Hoffnung, dass ein Ganzes durch sein Zusammenwirken mehr wert ist als die Summe seiner getrennt bleibenden Teile - vereinfacht: 1+1=3.

Vielleicht fangen wir ja auch schon direkt damit an?! www.ag-freiburg.org/