«Eigentlich ruft es in der Volkstiefe nach einem grünen Adolf.» (Rudolf Bahro). Esoterik in der Kritik
Sonntag, 05.03.2006, 21:37, Vortrag

Die zunehmende Vereinzelung der Menschen hat viele Unsicherheiten mit sich gebracht. Die individuellen Auswege daraus sind ebenso vielfältig: Ob Glauben an die Kraft von Amuletten oder Steinen, das Erwarten der kosmischen Weltrevolution oder einfach nur „bewusst leben“ für eine schönere Wiedergeburt - Esoterik ist nach wie vor angesagt, auch unter „Linken“. Dabei ist wenigen bekannt, aus welchen Wurzeln und Kontinuitäten (auch des NS) sich New Age, Hippie-Bewegung und/oder der völkische Naturkult bedienen. Teile der Ökobewegung schrecken nicht davor zurück, Ideologien und Symbole des Faschismus in ihr Weltbild zu integrieren. Bemerkenswert ist auch, dass Teile der Frauenbewegung von ’68 ihre Emanzipation in der Naturalisierung des Geschlechts suchen und sich in Kontinuität von ethno-romantisierten matriarchalen Urzuständen sehen. Das Private ist für sie schon lange nicht mehr politisch. Die grundlegenden Prinzipien wie Karmaglaube, der Geschlechterdualismus und die Absage an Rationalität und Materialismus mögen es zwar dem/der Einzelnen erleichtern, es sich im fiesen Kapitalismus ein bisschen wohnlicher zu machen und das Leben mit „Sinn“ zu füllen, doch emanzipatorisch ist das nicht. Esoterik ist nicht nur mit vielen rechten Ideologien kompatibel, sondern bleibt letztendlich eine system-erhaltende Reaktion auf die Verhältnisse. Vortrag und Diskussion mit Maren Küster und Oliver Eberhard.