Kann ein Laster Sünde sein
Von den Schwierigkeiten des Wagenlebens

Es ist wieder mal so weit, dass die Räder der Schattenparker sich zum wiederholten Mal auf unbestimmte Zeit drehen. Die vorübergehende Duldung am Obi- Campus lief zum 9. April 2005 aus.Wir, 40 Menschen, müssen wieder einmal gehen. Natürlich wissen wir nicht genau wohin... Kein Platz in Freiburg für selbstorganisiertes Wagenleben!

Das Leben im Wagen ist keine unüberwindbare Hürde im Paragraphendschungel. Es ist politischer Wille und beschlossene Sache das ­Wagenleben zu kriminalisieren. Das ist auch kein Trend, der sich nur auf Freiburg oder Baden- Württemberg bezieht, dies ist ein bundesweites Problem, siehe Hamburg, Berlin, Kassel, Leipzig, München und viele mehr. So hat es immer schon Menschen gegeben, die aus ganz unterschiedlichen Gründen in mobilen Wohnstätten gelebt haben (z.B. Sinti und Roma, Händler, Künstler usw.)
Für uns ist das Leben im Wagen eine Alternative zu Wohnung oder WG, zu horrende Mieten, die bei immer geringer werdenden Löhnen immer unbezahlbarer werden. Die Möglichkeit, die eigenen vier Wände so zu gestalten wie Frau/Mann es will, ohne Einschränkung des Vermieters. Eine Möglichkeit, sich autonom und ohne Zwang in einer große Lebensgemeinschaft/ Wagenburg einzubringen und doch mobil und unabhängig zu sein. Der ständige Kontakt mit Witterung und Natur...

Wir, die Schattenparker, leben seit ca. 1½-2 Jahren auf einem „idyllischen“ Stück Straßenrand (Wendeplatte Basler Landstr. in direkter Nachtbarschaft zum Autobahnzubringer Süd) in unseren dollen LKWs und Wägen. Auch wenn der Platz für eine Wagenburg alles andere als optimal ist, konnten wir doch nach der langen Zeit der städtischen Vertreibungspolitik ein wenig zur Ruhe kommen. Fakt ist, wir suchen schon seit Jahren einen geeigneten Platz! So wurden wir schon mehrfach vom Vauban verjagt, z.B. vom Fahnenmastplatz (Merzhauserstr./ Ecke Wiesentalstr.), der heute noch leersteht- weitere Standorte waren Tullastr., Schießplatz, Schönberg und viele mehr.
Nach einer fetten Besetzungsaktion im Juli 2003 nahm die Stadtvewaltung endlich Verhandlungen mit uns auf, verwies aber stur auf den Gemeinderatsbeschluss von 1996, der besagt: „Keine weitere Duldung von Wagenburgen auf städtischem Gelände“. Die einzige Möglichkeit wär ein Platz auf Privatgelände. Heuchlerisch bot uns die Stadt Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit potentiellen Privatverpächtern an, wir sollten uns aber selbst um geeignete Gelände kümmern. 36Plätze haben wir vorgeschlagen. Außer kurzen Absagen mit oder ohne Begründung kam nix bei raus ­ außer dem wunderbaren Vorschlag der Stadt, doch in eine 3m tiefe Baugrube der Rüstungsfirma Litef zu ziehen, unter der Bedingung, dass 1 x pro Woche die Bullen vorbeikommen, um nach dem rechten zu schauen! Diesen lehnten wir natürlich ab und die Stadt brach beleidigt die Verhandlungen ab.
Nachdem uns die Stadtverwaltung auf Drängen des Bürgervereins St. Georgen nun auch vom „OBI“ vertreiben will, waren nach weiteren Gesprächen die letzten Angebote:

Sozialwohnungen oder 10 bis 12 Plätze (für 40 Leute...) auf dem städtischenWagenplatz „Eselswinkel“, der für uns jedoch gänzlich ungeeignet ist, weil:

  • den Bewohnern von Seiten der Stadt kein Mitspracherecht mehr eingeräumt wird, wer auf ihrem Platz leben soll (Zuzugsstop).
  • Der Platz von Sozialarbeitern und Hausmeister verwaltet wird, eine Selbstbestimmung ist dort nicht möglich.
  • Er ungeeignet für An- und Abfahrt von LKWs etc. ist.

Das wahre Gesicht zeigt unsere dufte Stadtverwaltung, wenn uns Bußgeldbescheide in den Wagen flattern, wenn wegen unerlaubten Wohnens im Wagen, mit Beschlagnahmung der Wägen gedroht wird und Beschattungen durch die Polizei und Zivibullen bzw. Fotoshooting (mal ganz anders von grün-weiß) durchgeführt werden.

Die Geschichte der Freiburger Wagenburgen unterstreicht die Vertreibungspolitik der Stadtverwaltung.Sosindnichtnurwir,sondernauchandere,,Randgruppen"wieBettlerInnen, Straßenpunks, Obdachlose undAusländerInnen einem ähnlichen Druck ausgesetzt.

Wer will uns verbieten wie wir zu leben haben?!?!!
Woher nehmen sich Verwaltung, Staat und Politik das Recht uns vorzuschreiben, wie und wo wir zu leben haben?!?
Lasst uns den ewig gestrigen Betonköpfen, denen immer nur die Antwort mit dem Knüppel bleibt, vielseitig, kreativ, friedlich auf der Nase herumtanzen!
Für 1,2,3 viele Wagenplätze ! Für 1,2,3 viele Freiräume in Freiburg und überall auf der Welt!